Bisher kannte ich die Champions League Spiele nur aus dem Fernsehen. Am 06.11.2013 sollte sich dieser Umstand aber ändern. Mit 3 Freunden hatten wir entschieden, das Knallerspiel „Borussia Dortmund vs. Arsenal London“ in Dortmund live zu sehen und einer besorgte die Tickets. Unsere Vorfreude war groß, denn nicht nur, dass wir endlich einen Champions League Knaller live erleben konnten, sondern es sollte auch unser erster Besuch im Signal Iduna Park sein, dem legendären Westfalen Stadion.

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Es ist nicht nur mit 80.645 Zuschauerplätzen das größte Fußballstadion Deutschlands, sondern mit der Südtribüne, die 25.000 Plätze hat, der gewaltigste Impulsgeber in einem deutschen Stadion und ein einziger Tribut an die Stehplatztradition. Es ist Europas größte Stehplatztribüne.

Imposante Zahlen und ein Highlight auf das wir nun hin fieberten. Vor 3 Tagen war es dann soweit. Bisher habe ich das Vorhaben nur in bestem Licht dargestellt, aber es gab auch Schatten. Wieso muss so ein Spiel mitten in der Woche stattfinden? Okay, aufgrund der einzelnen nationalen Ligen, die ja bekannter weise an den Wochenenden ihre Spiele austragen, bleibt der UEFA nichts anderes übrig. Ist logisch, aber nicht praktisch und ganz besonders nicht, wenn die wichtigste Autobahn durchs Ruhrgebiet, die A40, eine einzige Baustelle ist. Anstoß war um 20:45 Uhr. Also dachte ich mir noch, 17:30 Uhr das Büro zu verlassen, wäre eine gute Idee und knapp 3 Stunden würden ausreichen, um früh genug im Stadion zu sein. Ja, das nennt man dann wohl, verschätzt mein Freund. Bereits kurz nachdem ich losgefahren war, stand ich auch schon im Stau. Es war dunkel, es regnete und noch waren die roten Rückleuchten der vorausfahrenden Fahrzeuge zu ertragen. Dies sollte sich aber in den nächsten Stunden ändern. Stop & Go waren die Regel bis Essen, dann ging es auf die A40 und dort war die Situation genauso schlimm. Ah, mein Navi machte sich bemerkbar und empfahl mir die Ausfahrt „Bochum Wattenscheid West“ zu nehmen, da vor mir ein Stau wartete. Gesagt getan, Ausfahrt genommen und parallel zur Autobahn weitergefahren. Es war nun bereits 19:00 Uhr. Nun sollte ich die nächste Auffahrt wieder nehmen, dies sagte mir zumindest mein Navi, aber das wusste auch nicht, genauso wenig wie ich, dass gerade diese wegen einer Baustelle leider gesperrt war. Ich dachte nur, super, als hätte ich nicht schon genug gelitten. Für 30 Kilometer bereits anderthalb Stunden gebraucht. Schön, ein Umweg war nun garantiert. Ab auf den Donezk-Ring. Für alle, die sich im Ruhrgebiet nicht auskennen, das ist sozusagen ein Stadtring, der großzügig um Bochum herum führt und mich nochmal Zeit kostete. Rote Rücklichter konnte ich nun schon nicht mehr sehen. Endlich kam ich am Ruhr-Park an, wo bereits die 2 anderen von unserer Truppe in einem Wohngebiet auf mich warteten, damit wir mit einem Wagen zum Stadion weiterfahren konnten. Gemeinsam setzten wir unsere Reise Richtung Stadion um 19:30 Uhr fort. Wir waren nur noch knapp 1 Kilometer von der Ausfahrt zum Stadion entfernt, als es nur noch im Schneckentempo vorwärts ging. Das bei uns allen der Schrei nach Erlösung immer größer wurde, war nun auch nicht mehr verwunderlich. Wir mussten mittlerweile alle dringend auf Toilette. Das Ziel war so nah und doch so fern. Kennt ihr das, wenn man im Kopf Gewaltfantasien erzeugt und anderen Autofahrern die Pest und sonstige Krankheiten an den Hals wünscht, wenn sie kackendreist an einem vorbeifahren, um sich ganz vorne in die Schlange reinzudrücken. Und das waren nicht wenige. Deshalb stockte auch die Schlange im ganzen. Wir hatten 20:20 Uhr als wir endlich unseren Parkplatz sehen konnten. Schnell eingeparkt, ausgestiegen und mit zügigen Schritten Richtung Arena. Aufgrund unserer aktuellen Blasenschwäche bekam das Wort Stechschritt eine ganz neue Bedeutung. Jeder Schritt tat weh. Es war 20:35 Uhr als wir vor dem Stadion standen und nun unseren Eingang suchten. Trotz dass das Spiel bereits in 10 Minuten beginnen sollte, war draußen an den Kassen immer noch die Hölle los. Der Wahnsinn. Unsere Freunde und Helfer in grün waren auch in einer starken Anzahl vertreten, hielten sich diskret zurück und machten sich nur hin und wieder auf sich aufmerksam, in dem sie per Megafon dazu aufriefen, das Drücken an den Kassen sofort einzustellen, damit keiner verletzt wird. Endlich hatten wir den Eingang gefunden. Es war 20:40 Uhr. Nur noch 5 Minuten bis zum Anstoß. Das Spiel war für uns geistig und mental noch meilenweit entfernt. Wir brauchten erst einen Befreiungsschlag, der uns wieder aufnahmefähig machte und fanden endlich eine Toilette. Von mir kann ich behaupten, ich fühlte mich danach wie neu geboren. Es war 20:44 Uhr.

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Wir eilten die Tribünentreppe empor, vernahmen noch das Ende der Hymne der Champions League und betraten gerade die Tribüne zum Innenraum als der Anstoß vollzogen war. Wenn man noch nie in diesem Stadion gewesen ist, dann wird man von der Akkustik und der Lautstärke der Südtribüne sofort in den Bann gezogen und teilweise sogar eingeschüchtert. So eindrucksvoll ist das Erlebnis, was diese „gelbe Wand“ erzeugt.

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Nun kann ich auch verstehen, wenn ein Fußball-Fan blasphemisch davon spricht, dass Fußball eine Religion ist. An solchen Abenden wirkt so eine Arena wie eine Kathedrale und das Spiel selbst wie das Abhalten einer Messe. Ich denke und je nachdem wie das Spiel läuft, fängt der Eine oder Andere später dann auch noch an zu beten. In der ersten Halbzeit hatte der BVB viele gute Torchancen, die sie nur leider nicht genutzt haben. Der FC Arsenal dagegen wirkte irgendwie passiv, so dass man das Gefühl bekam, dass der BVB das Spiel bereits deutlich dominierte. Das Tor sollte also nur eine Frage der Zeit sein. Zumindest ging es torlos in die Halbzeitpause. Schaut man zuhause vor der Glotze ein Spiel, kommen einem die 15 Minuten Pause immer extrem lang vor, bis so ein Spiel endlich weitergeht, Im Stadion ist das ganz anders. Die 15 Minuten waren viel zu schnell wieder vorbei. Auf der VIP Tribüne wollte nämlich jetzt jeder in die VIP Lounge um dort was zu Essen und zu Trinken. Bis wir drin waren und bequem an unserem Tisch saßen, war die Halbzeitpause schon fast wieder vorbei.

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Ich muss gestehen, wir haben es auch nicht geschafft, pünktlich zum Spielbeginn wieder auf unseren Tribünenplätzen zu sein, denn nun knubbelte sich alles an den Türen nach draußen, da wohl jeder die Pause bis zum letzten Drücker ausreizen wollte. Endlich saßen wir wieder und gerade da bekam Arsenal seine Torchance und verwandelte diese. Es stand 0:1 für den Londoner Traditionsverein. Das aktuelle Ergebnis erschien auf der Anzeigetafel im Stadion. Wo uns eben noch ein torloses Unentschieden angähnte, stand nun 1:0 für DORTMUND!! Dieses überraschende Ergebnis löste einen großen Jubel im Innenraum aus.

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Nur aus dem englischen Block kamen laute Buh-Rufe, die diesen Fehler so gar nicht lustig fanden. Nach ein paar Sekunden war das Wunschergebnis für alle Dortmund-Fans auch schon wieder verschwunden und die traurige Realität erleuchtete vom Bildschirm. Wer wohl für diesen Fehler verantwortlich war? Da hatte wohl jemand nicht aufgepasst oder der Techniker, ein eingefleischter Dortmund Fan, hatte sich hier einen kleinen Scherz erlaubt. Das Spiel ging weiter. Ich fand auch sehr interessant, bei meinem Besuch im Westfalen Stadion, dass man sich anders als im Fernsehen, selbst aussuchen konnte, was man gerade in seinem Blickfeld haben wollte. Wenn die Augen nicht auf den Ball gerichtet waren, gab es auch immer genügend andere spannende Geschehnisse um einen herum, die meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Sei es nur der englische Fanblock, die Trainerbank mit Jürgen Klopp, der starke Regen, der das Spielfeld traf und/oder die Suche nach vereinzelten Spielern auf dem Rasen, um sich selbst ein Bild davon zu machen, wo denn nun Özil mit seiner „11“ zu sehen war.

Özil
Wie das Ergebnis ausgegangen ist, weiß ja nun jeder, Dortmund verlor 0:1 gegen Arsenal London und muss nun um das Weiterkommen hart kämpfen und bereits das nächste Spiel gegen Neapel gewinnen. Sonst könnte es das gewesen sein.

Da ist man schon live dabei und sieht die Schwarz-Gelben leider verlieren. Schade, aber so ist das nun mal im Fußball. Wenn man seine Chancen nicht nutzt oder konsequent umsetzt, dann wird man dafür die Quittung bekommen. Und diese erfolgte heute durch Arsenal.

Nun begann das Chaos erneut, denn jeder wollte ja wieder so schnell wie möglich nachhause. Wir entschieden uns dagegen sofort zu verschwinden und lieber noch in die Lounge an unseren Tisch zu gehen, um etwas zu essen und zu trinken und abzuwarten, bis das gröbste Chaos verschwunden war. Der Blick auf unseren Parkplatz war so gut von dort, dass wir bestens die ganzen roten Rückleuchten sehen konnten, wie sie im Stop & Go-Verfahren Richtung Ausfahrt fuhren. Wobei das Wort Fahren nicht so richtig ist, denn es geschah alles in Zeitlupe. Als wir uns am Buffet noch einen kleinen Snack geholt hatten, meinte mein Kumpel nur, ob ich auch Marco Reus gesehen habe. Ich erwiderte nur: „Nein, wo?“ „Ja, am Buffet. Er stand doch direkt neben uns.“ Ich muss gestehen, schick mich auf einen roten Teppich und ich sage dir sofort, wie die Promis alle heißen, aber zeige mir einen Fußballer und ich komme ins Grübeln. Kein Witz. In dem Moment war es mir schon peinlich, wobei Marco Reus hätte mir eigentlich auch auffallen müssen. Naja, was solls. 🙂 Um kurz nach 0:30 Uhr verließen wir dann auch eine schon sehr verwaiste Arena und fuhren nun ohne Probleme auf die Autobahn und dann nachhause. Ein geiler Abend hatte nun sein Ende gefunden. Aber der nächste ist schon in Sichtweite, denn zum Bundesliga Highlight gegen Bayer Leverkusen werde ich in Dortmund wieder live dabei sein und darauf freue ich mich jetzt schon. Aber dann gewinnen die Dortmunder. Wetten, dass?