von links: Mikio Gruschinske, Oliver Dohmen und Rafael Ximenez-Carrillo

Im Süden von Düsseldorf traf ich am 21.09.2011, abends um 18:00 Uhr, in ihrem eigenen Studio die beiden erfolgreichen Jungs des DJ-Duos Plastik Funk für meine Rubrik „Special Friends of Mister UniQue“ zum Interview.

„Plastik Funk ist auf jeden Fall eine Bastardmischung.“

Mikio Gruschinske und Rafael Ximenez-Carrillo alias Plastik Funk berichten hier über ihre ersten jugendlichen musikalischen Erfahrungen im Ausland, warum italienische Frauen sehr nett sind, wieso Plastik Funk ohne Stefan Hollenberg nie erfolgreich geworden wäre, wie sie zwei Jahre lang Resident DJs im Privilege auf Ibiza wurden und wie es trotzdem passieren konnte, dass beide hinter dem DJ-Pult einmal eingeschlafen sind und noch viel mehr im folgenden Interview.

INTERVIEW Oliver Dohmen (alias mr. uniQue)

mr. uniQue: Mikio und Rafael, versucht euch kurz mal zu umschreiben für die Leute, die euch noch nicht kennen. Wer seid und was macht ihr?

Mikio: Plastik Funk ist auf jeden Fall eine Bastardmischung. (lacht)

Rafael: Auf jeden Fall sehr international. Also ich bin Rafael, halber Spanier, halber Deutscher und Mikio ist halber Japaner und halber Deutscher mit einem sehr japanischen Namen (lacht) und ich mit einem sehr spanischen Namen.

mr. uniQue: Seid ihr beiden gebürtige Düsseldorfer?

Rafael: Nein, gar nicht, sondern zugezogen und mittlerweile eigentlich glückliche Düsseldorfer.

Mikio: Wie gesagt: eigentlich ja. Und viel durch die Welt getingelt und auch gezogen sozusagen, also gelebt und mittlerweile heimisch geworden hier.

mr. uniQue: Seit wie vielen Jahren seid ihr jetzt hier in Düsseldorf?

Rafael: Ja, ist echt eine gute Frage, müsste ich mal genauer nachrechnen…

Mikio: Mit Unterbrechung war ich seit 2001, nein, oder 1999…(grübelt)…also auf jeden Fall um die Jahrtausendwende.

Rafael: Ja, und ich seit 2000.

mr. uniQue: Und Plastik Funk ist in Düsseldorf entstanden, wo ihr euch auch kennengelernt habt?

Rafael: Ja, ganz genau. Also entstanden, aber kennengelernt haben wir uns in Köln.

Mikio: Stimmt. Im damals noch Warehouse genannt, jetzt mittlerweile das Bootshaus. Da haben wir uns kennengelernt auf einer total super Party. Da es eine so grandiose Party war und bevor wir uns da zu Tode langweilten, haben wir uns gesagt: „Lass uns doch zusammen auflegen und die Zeit gemeinsam totschlagen.“ Ja, und daraus ist dann das DJ-Duo entstanden.

Rafael: Ja, wir hatten halt ähnliche Platten dabei und irgendwie hat es da schon funktioniert, dass wir da echt Spaß hatten beim Auflegen. Und da das Plattenlabel, wo er gearbeitet hat und die Firma, wo ich war, schon damals über Ecken irgendwie verbunden waren, haben wir uns halt auch schon damals öfter gesehen und getroffen und haben einfach mal geplant und überlegt, wie wir wohl schnellstmöglich die Weltherrschaft an uns reißen können. (beide müssen lachen)

mr. uniQue: Kehren wir ganz an den Anfang zurück. Wann habt ihr die Leidenschaft zur Musik und wann habt ihr das Auflegen für euch entdeckt?

Mikio: Ich hasse Musik. (muss laut lachen)

Rafael: Ich komme eigentlich aus einer sehr musikalischen Familie und ich bin auch traurig, dass ich das nicht weitergeführt habe, denn das würde uns jetzt evtl. auch etwas weiter bringen, wenn wir beide auch noch besser am Klavier wären oder wie auch immer.

Mikio: …auf der Geige.

Rafael: Oder auf der Geige. (lacht) Aber trotzdem haben wir beide immer viel mit Musik zu tun gehabt und ich habe schon als ich vierzehn, fünfzehn, sechzehn war, bereits meine ersten House-Partys bei mir zu Hause geschmissen. Und das ging auch so weiter als ich auch mal ein Jahr in Amerika war. Als ich wiedergekommen bin wurde das immer schlimmer. So schlimm, dass wenn meine Eltern auch mal weg waren, das war halt öfter mal, weil mein Vater Pilot ist, ich ca. 250 Leute in unserem Haus hatte und das war mein Rekord. Und das alles ohne Facebook. Und das war schon extrem. Und da haben wir schon angefangen, Plattenteller aufzubauen, zu üben und zu machen und jeden, den das Fieber dann packt, du weißt, was ich meine, es ist dann so, dass man das auch woanders mal machen und mehr Leute erreichen möchte. Das geht dann von alleine. Das plant man halt nicht.

mr. uniQue: Wo war dein erster offizieller Auftritt?

Rafael: Also, das ist eine Superfrage.

Mikio: Wüsste ich jetzt auch nicht mehr.

Rafael: Ich kann es echt nicht mehr sagen. Es ist wirklich traurig, denn es fällt mir nicht mehr ein.

mr. uniQue: Ist das für einen DJ nicht sowas wie der erste Kuss? Sowas vergisst man doch nicht. Also das erste mal, wo ihr vor Leuten professionell aufgelegt habt.

Rafael: Also der erste Klubgig? (grübelt) Ist echt eine gute Frage. Du bist der erste, der das fragt. Ich weiß noch, da war ich extrem jung und war halt schon in Klubs in Amerika, wo ich dann auch mal ran durfte, aber das waren halt keine offiziellen Sachen und da habe ich schon soviele Leute kennengelernt, mit denen habe ich heute noch zu tun. Aber es wird doch einen Gig geben, wo ich zum ersten Mal auf dem Flyer stand und wo ich gespielt habe!?

mr. uniQue: Okay, ,andere Frage. Wo war denn der erste Gig, der für dich in Erinnerung geblieben ist?

Rafael: Ich weiß noch, da war ich neunzehn und durfte mal in Amerika ran, in Miami, bei einer etwas kleineren Party mit 300, 400 Leuten, aber ich weiß, dass ich tierisch nervös war und total aufgeregt und das total abgefahren fand, ganz besonders, weil man in Amerika seit eh und je erst mit 21 in Klubs darf, war das schon etwas Besonderes, mit gefälschtem Ausweis im Laden zu stehen und ein paar Platten spielen zu dürfen. Das ist eine coole Sache. Aber die ersten wirklichen Gigs, die man so in Erinnerung behält, waren auf jeden Fall in Deutschland. Ich weiß, dass ich viel halt auch in Münster da in der Gegend gehabt hab‘, das waren dann auch die ersten Sachen im Fusion in Münster oder auch im Dockland, das es ja leider nicht mehr gibt, aber halt Klubs sind und waren, die zur deutschen House- und Technoszene gehören.

Mikio: Meine Familie ist total unmusikalisch.

mr. uniQue: Also bist du das faule Ei, musikalisch gesehen, in eurer Familie?

Mikio: Jein, also meine Eltern leben halt immer so nach dem Motto, denn sie waren auch nicht die Megasportler, dass sie auch immer gesagt haben: „Mikio, willst du nicht irgendeinen Sport machen?“ Genauso halt auch mit Musik, denn ich wurde schon als kleines Kind mit dem Glockenspiel zum Rumklöppeln in irgendwelche Musikschulen geschleift. Später durfte ich dann freundlicherweise Klarinette lernen, was ich sogar sechs Jahre gemacht habe und sofort, als ich es selber entscheiden durfte, habe ich natürlich gesagt: „Ich will jetzt Schlagzeug spielen.“ Dann habe ich angefangen, Schlagzeug zu spielen. Leider auch nie richtig Klavierspielen gelernt. Das ist das einzige, wo ich jetzt auch sage: „Shit! Hätten mich meine Eltern doch mal gezwungen, Klavier zu spielen“, weil das wäre ja jetzt doch sehr praktisch gewesen, aber haben sie leider nicht gemacht. Ich war auf jeden Fall auch an Musik interessiert als kleines Kind und ich fand das auch immer toll und bin auch froh, dass meine Eltern mich gefragt haben: „Willst du nicht ein Musikinstrument lernen?“ Find‘ ich auch super und so konnte ich auch damals bereits Noten lesen und bin ihnen auch dankbar, dass sie mir ermöglicht haben, alles zu machen. Ich glaube aber nicht, dass sie sich damals gedacht hätten, dass ich irgendwann mal mit Musik mein Geld verdiene. Das kann man auch nicht planen.

mr. uniQue: Und wo war dein erster Gig, der dir in Erinnerung geblieben ist?

Mikio: Ja, habe ich auch schon gerade überlegt. Erster offizieller, wo ich wirklich auf dem Flyer stand, war bei mir in Rom zu der Zeit, als ich in Italien gelebt habe. Das weiß ich noch.

mr. uniQue: Wie lange hast du dort gelebt und wieso?

Mikio: Fast vier Jahre. Meine Eltern sind halt auch von Beruf Zigeuner. (lacht) Also mein Vater ist im auswärtigen Dienst und da waren wir halt zu meiner Abizeit, also den letzten dreieinhalb, vier Schuljahren, in Rom und ich dort in der deutschen Schule. Und dementsprechend, kann man ja ausrechnen, von fünfzehneinhalb bis neunzehn war halt natürlich die heiße Partyphase, wie bei jedem, denk‘ ich. Und ja, da ging es dann auch richtig los, wo ich dann wirklich angefangen habe, Platten zu kaufen bis der Arzt kommt, mein ganzes Taschengeld dafür draufgegangen ist.

mr. uniQue: Und wie waren die italienischen Frauen zu jener Zeit?

Mikio: Ja, die waren sehr nett. (alle lachen)

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mr. uniQue: Das lassen wir dann so mal im Raum stehen. Kommen wir nun zu der Frage, wie Plastik Funk gegründet wurde bzw. euch beiden bewusst war, dass ihr als DJ-Duo auftreten möchtet?

Rafael: Ja, das war schon kurz nach dem Auftritt in Köln. Also, wir haben da die ersten Male noch als Rafael Ximenez und Mikio Gruschinske aufgelegt, was sich halt vom Namen her nicht so sexy angehört hat und obendrein waren unsere beiden Namen auf dem Flyer auch recht lang. Da haben wir halt aufgelegt hier und da. Und dann ging es auch langsam los, mit den ersten Partys im La Rocca. Und das damalige La Rocca in der Grünstraße war der absolute Kultklub von Düsseldorf und werde ich niemals vergessen und vermisse es auch immer noch. Die Leute haben es ganz gut aufgenommen damals, was wir so zusammen gemacht haben. Wir haben auch schon immer versucht, so eine Community um uns aufzubauen und das hat auch geklappt und die Leute haben wir auch noch bis heute, mit unseren Plastikfunktastic-Partys.

Mikio: Einige, wenn sie nicht schon Eltern und Rentner oder sonst was geworden sind in der Zwischenzeit. (lacht)

mr. uniQue: Und wie habt ihr damals eure Community aufgebaut? Wahrscheinlich durch die klassische Mundpropaganda, oder? Für jüngere Leser ist das sicher ohne Facebook heute gar nicht mehr denkbar.

Mikio: Ja, durch Kumpels.

Rafael: Wir sind ja beide viel ausgegangen und kannten also Gott und die Welt. Ich habe einen großen Freundeskreis, immer noch in Düsseldorf und damals waren das noch viel mehr. Und da haben wir beide schön immer mit unseren Leuten gequatscht und die wollten uns ja auch immer hören und irgendwie unterstützt man ja auch seine Freunde. Man muss nur gucken, dass man vernünftige Musik spielt. (lacht)

Mikio: Und ich glaube, wenn mich nicht alles täuscht, der erste offizielle, wo wir ja immer vom ersten offiziellen Auftritt reden, als Plastik Funk war… wer, wo, bei wem? (Stille) … bei Stefan (Hollenberg; A. d. I.)! Einen schönen Gruß von dieser Stelle an „Frau Holle“… (lacht)… „Holli Hollunder“ hat Plastik Funk zum ersten Mal offiziell auf einen Flyer gepackt.

mr. uniQue: Hat er euch also auch indirekt unterstützt und gefördert?

Rafael: Er fand das Internationale halt gut, ja, so ein Japaner und Spanier, die in Deutschland wohnen. Er hat ja immer schon viel auf internationale Künstler gesetzt. Ich mein‘, er hatte einen DJ aus Paris, einen DJ aus Spanien und uns als internationale Mischung. Da haben wir damals auch eine Sängerin öfter mal dabei gehabt, um uns interessanter zu machen. Und das hat halt alles dann gut gepasst und dann haben wir auch einen Gig im Tribehouse gehabt über Stefan, was halt schon eine tolle Sache war, mal mittwochs häufiger im Ratinger Hof für ihn gespielt und das waren einige Gigs. Das war cool, auf jeden Fall.

mr. uniQue: Und in welchem Jahr ist das gewesen?

Mikio: Das muss 2002 ungefähr gewesen sein. Also nächstes Jahr zehn Jahre. Mein lieber Scholli.

mr. uniQue: Warum habt ihr beide eigentlich eure DJ-Karrieren nicht als Solokünstler weiter verfolgt, so wie es bei den großen DJs, u. a. wie David Guetta, Roger Sanchez, Erik Morillo die Regel ist? Es gibt ja eigentlich nur wenige DJ-Duos, die erfolgreich sind.

Mikio: Das stimmt, bis zu jenem Zeitpunkt hatte ich auch mit niemandem back to back oder so miteinander gespielt, weil es, wie bei vielen Sachen, einfach schwierig ist, dass die Geschmäcker sich ähneln und das die Typen an sich auch vom Charakter her irgendwie zusammenpassen müssen. Also es gibt halt so viele Eckpunkte, ja, wirkliche Eckpunkte, wo man halt anecken kann (lacht) und wenn man das nicht alles unter einen Hut bringt. Ich meine, es sind wirklich so viele verschiedene Punkte, die irgendwie passen müssen, ansonsten funktioniert das ja auch auf Dauer nicht. Deswegen, wenn jetzt einer von uns beiden total der Egomane wäre und sagt „Das ist die Musik, die wir spielen müssen!“ und der andere sagt „Finde ich aber Scheiße!“, ja, dann funktioniert das sowieso nicht.

mr. uniQue: Wie ist das denn bei euch beiden als Duo gewesen, denn als DJ genießt man doch auch den Ruhm, wenn man so vor der Menge steht und die Leute einen feiern beim Auflegen. Wie ist das denn bei euch beiden gewesen?

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Rafael: Wir sind ja auch beide nicht so die Typen, die da so nach lechzen. Ich glaube, uns beiden macht es echt am meisten Spaß, wenn der Laden brummt. Ich merk‘, dass wir beide halt echt wie aufgedreht aus dem Laden laufen, wie in Seoul in Südkorea, wo uns die Leute einfach gefeiert haben, weil wir die Musik gespielt haben, die den Leuten auch Spaß macht und sie einfach begeistert sind, mal was anderes zu hören. Das gibt uns auf jeden Fall viel mehr, als da der berühmte große tolle Hecht zu sein, der Autogramme gibt. Das ist gar nicht so wichtig.

mr. uniQue: Ich denke, es hat auch sicher viele Vorteile, als Duo unterwegs zu sein. Ihr seid nie alleine und ihr könnt zusammen Spaß haben. Egal, wo ihr hinfliegen müsst, oder?

Mikio: Stimmt, die Vorteile sind einfach immens. Man ist nicht alleine unterwegs. Klar, wenn du einen gewissen Level hast, dann kannst du deinen Manager, Booker und deine Frau, oder wen auch immer mitnehmen. Ist halt am Anfang ein kleiner Nachteil bei uns gewesen, denn da mussten und müssen die Klubs halt zwei Flüge zahlen und zwei Hotelzimmer usw., aber du bist halt wirklich nie alleine unterwegs. Auch mal bei schlechteren Partys langweilst du dich nicht, denn du hast ja immer noch jemanden dabei, den du die ganze Zeit dann noch rumfoppen kannst. Oder wenn der eine mal einen gewissen Hänger hat, weil er evtl. vielleicht ein wenig krank ist, dann kann der andere das auffangen. Und man kann sich gegenseitig sogar noch mehr motivieren und wenn es dann noch ein richtig geiler Gig ist, dann hat man auch direkt jemanden, mit dem man die Freude teilen kann. Natürlich Leid kann man dann auch teilen (lacht), oder sich gemeinsam ärgern.

Rafael: Es gibt halt auch so Länder, wo wir beide unterwegs sind, von Algerien bis Russland, in manchen Ländern, wo dich auch kein Schwein versteht, wo es auch mal ganz gut ist, zu zweit zu sein, ganz besonders auch vom Sicherheitsfaktor her. Und auch mal ein gewisses Gespür entwickelt, denn nicht jeder hat seinen Kopf direkt an, nach drei Tagen auflegen. Aber insgesamt ist es auch ein ähnliches Elternhaus, auch so von der Erziehung her. Es kommt drauf an, wie offen man ist und wie man anderen Menschen gegenübertritt und dann ist es auch einfacher, etwas zusammen zu machen.

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mr. uniQue: Und jetzt, ihr könnt es sicher nicht mehr hören, woher kommt der Name Plastik Funk?

Mikio: Das ist eine Frage, die haben wir noch nie gehört (fängt an zu lachen). Wir müssen uns mal irgendwie eine total kranke Story dazu ausdenken. Aber die Wahrheit ist… (denkt nach)… mir fällt leider dazu nichts ein. Die Wahrheit ist, damals im Ferienlager… (alle fangen an zu lachen). Nein, mal ernsthaft: Wir haben überlegt, wir müssen dem ganzen einen Namen geben und Rafael Ximenez und Mikio Gruschinske als DJs hört sich irgendwie bescheuert an. Und da haben wir überlegt, was klingt irgendwie cool und was kann man sich merken.

mr. uniQue: Und auf welcher Packung habt ihr dann den Namen gesehen?

Mikio: Nein, das lief ein bisschen anders und zwar gab’s ja damals auch schon das Internet. Und dann hatte ich irgendwann auch mal geguckt, was gibt es denn für Begriffskombinationen, die halt noch irgendwas mit Musik zu tun haben. Es gibt ja auch viele Labels, wie Plastik City, gab’s ja und mit Plastik gab’s halt schon einige Sachen und mit Funk auch, wie bei meiner Plattenfirma, wo ich gearbeitet habe, da gab es ein Label, das hieß Royal Funk. Und da haben wir uns gedacht, man muss irgendwas miteinander kombinieren und natürlich gucken, dass es das noch nicht gibt. Und da haben wir geguckt und rumprobiert und „Plastik Funk“ klang in unseren Ohren irgendwie gut.

mr. uniQue: Wie lange habt ihr gebraucht, um den Namen zu finden?

Mikio: Etwa zwei Stunden. Skurrilerweise hatten wir uns zuerst sogar „Plastik-Funk-Brothers“, glaube ich, genannt. (lacht wieder laut)

mr. uniQue: Als ihr angefangen habt mit Plastik Funk, ab wann gab es Groupies? Ihr seid ja zwei smarte Jungs. Und sind diese von Land zu Land unterschiedlich?

Mikio: Es gibt keine. Das ist ein Gerücht.

Rafael: Es gibt keine Groupies. Kannst froh sein, wenn überhaupt einer mit dir redet. (lacht) Nein, das Lustige ist, dass ist ja von der ersten Minute an, wo du am DJ-Pult stehst und eine Platte spielst, die irgendjemandem gefällt und jemand, der vielleicht schon drei Jägermeister zu viel drin hat, der findet dich dann toll. Es ist, glaube ich, grundsätzlich so. Wenn irgendjemand in irgendeiner Art im Mittelpunkt steht, gibt es ein paar Leute, die das gut finden. Wenn sie dich dann öfter sehen und du das auch erfüllst, was sie sich gerne wünschen, dann hast du „Groupies“. In Anführungsstrichen. Ja, aber…

Mikio: Ich sag‘ nichts dazu. (leise aus dem Hintergrund und fängt an zu lachen)

mr. uniQue: Wobei man auch hier sicher unterscheiden muss zwischen Düsseldorf und dem Rest der Welt, denn hier kennt man euch ja als bodenständige Jungs und woanders nur als Plastik Funk.

Rafael: Ja, in einem anderen Land läuft es halt immer über die Produktionen und wenn die Leute dich dann einmal hören und es gefällt denen auch noch und du kommst dann wieder, dann baut sich halt schon ein bisschen mehr auf. Was wir gerade merken, das im Far East in Russland, wirklich ganz weit weg von hier, in Chabarowsk, dass wir dort wirklich eine Fangemeinde haben, die ist unglaublich. Das ist Wahnsinn und macht auch einen happy, denn man kommt da hin, dreimal im Jahr, und der ganze Laden schreit dann „Plastik Funk“ und die reißen die Hütten komplett ab! Das ist schon geil, auf jeden Fall.

Mikio: Bei der ganzen Geschichte darf man auch nicht vergessen: Das ist wirklich viel, viel harte Arbeit. Da hatte ich gestern noch mit meinem Schwiegervater in spe eine nette Unterhaltung darüber, dass dieses DJing, ja, viele denken halt einfach wirklich, ja, der DJ, der kommt am Wochenende in die Diskothek, bringt seine Platten mit und das war’s. Das war vielleicht auch mal so vor 50 Jahren, aber mittlerweile ist das anders. Das ist auch ein Punkt, wo wir beide froh sind, dass wir zu zweit sind, so mittlerweile natürlich auch mit Team und Agentur, aber man muss sich ja auch vermarkten, selber am besten. Wenn man das von anderen machen lässt, dann bist du immer angewiesen auf andere und das ist in der Regel schlecht. Wir haben immer alles selber gemacht, sprich, uns selbst vermarktet, kontaktet und akquiriert. Es fängt halt montags an und hört sonntags auf.

Rafael: Wir haben mittlerweile ein gutes Backoffice, aber man merkt halt immer wieder, alles was man nicht selbst macht, ist halt dann nicht so gemacht, wie man es sich vorstellt und das ist halt undankbar für alle, die für einen arbeiten, aber wenn man das so gelernt hat, dass man alles mal selbst gemacht hat, dann kontrolliert man auch alles selber und viele Kontakte und Sachen laufen halt über uns. Deswegen sagen wir auch oft, wir haben eine Acht-Tage-Woche, weil bei uns auch immer noch zwei Nächte flöten gehen plus dass wir wirklich auch von Freitag bis Sonntag noch unterwegs sind und von Montag bis Freitag arbeiten. Das ist schon heftig. Auf jeden Fall.

mr. uniQue: Kommen wir nun nochmal darauf zurück, wie es mit Plastik Funk weitergegangen ist?

Rafael: Wir haben halt durch harte Arbeit, Schweiß, Blut und viel Klinkenputzen unseren Weg fortgesetzt. Wir haben wirklich mit vielen Veranstaltern zusammengearbeitet, viele Veranstalter, wo wir auch mal nicht bezahlt wurden oder kurz vorher abgesagt wurde, weil man einfach ein unbedeutender, kleiner Name war. Ich glaube, wir sind da echt durch die harte Schule gegangen.

Mikio: Und vielen Dank nochmal an Stefan von dieser Stelle aus für die harte Schule (lacht), denn wir haben sehr viel von ihm gelernt. Auch jetzt positiv und nicht negativ gemeint.

Rafael: Ja, echt, wir haben auf dreckigen Afterhours, aber manchmal auch auf superschönen House-Events aufgelegt. Also, Stefan zum Beispiel, NOH-Club, hat es uns erst ermöglicht, im Pacha auf Mallorca und auch noch auf vielen anderen großen internationalen Events, wie zum Beispiel dem Gallery Club (Mallorca) zu spielen. Und das waren ja damals schon ein paar Highlights, auf denen wir dann aufgebaut haben.

Mikio: Ich glaube, wir waren auch die ersten regionalen DJs hier, die mal gesagt haben „Komm, lass uns doch uns selbst mal bewerben. Wir schalten eine Anzeige.“ Damit nicht jeder denkt „Was schalten die denn jetzt für eine Anzeige mit deren Gesichtern drin?“, haben wir gesagt: „Okay, wir denken uns jetzt eine Geschichte aus, sprich, eine Tour und verbuchen diese mit der Anzeige.“ Also, einfach ein wenig Marketing, denn das ist das A und O.

mr. uniQue: Wann war euer erster Gig im Ausland? War der auch durch Stefan Hollenberg?

Rafael: Also, ich habe, als ich noch alleine war, schon ein paar Auslandssachen gemacht, Mikio auch, aber ich habe auch schon relativ früh auf Ibiza gespielt. Eine Sache war zum Beispiel auch mit Stefan und er hat uns auch als Plastik Funk schon relativ früh mit ins Ausland genommen. NOH-Club, muss ich sagen, wir haben jetzt schon relativ lange nicht mehr darüber geredet, aber jetzt gerade merkt man, wie Stefan uns von der ersten Stunde an mit gepusht hat. Ja, ich glaube, es war irgendwas in Spanien und kurz danach haben wir schon eine kleine USA-Tour gespielt mit Freunden. Und zwischenzeitlich war ich auch mal auf Hawaii, zum Auflegen und Surfen. Wir haben immer versucht, neue Leute zu treffen. Das bringt uns auch bis heute noch viel, viele alte Jungs, durch die wieder viele neue Kontakte entstanden sind.

mr. uniQue: Wie seid ihr dann ins Privilege auf Ibiza gekommen, wo ihr zwei Jahre als Resident aufgelegt habt? Das interessiert sicher auch jeden angehenden DJ.

Rafael: Wir haben eigentlich erst im El Divino gespielt und wir kennen halt den Chef vom Privilege schon lange. Das ist ein alter Freund von uns und der hat uns dann irgendwann gefragt, dadurch das wir schon viele Fans auf der Insel hatten, ob wir nicht den Housefloor zu einer großen Veranstaltung hosten wollen. Und haben dann zwei Jahre jeden Mittwoch im Privilege gespielt. Wir sind da wirklich jeden Mittwoch hingeflogen. Die ganze Saison, das waren 18 Termine. Wir sind meistens am Dienstag hin, und, je nach Terminen, auch erst Mittwoch und Donnerstag wieder zurück. Das war schon echt eine harte Nummer. Aber es war geil. Was besseres kann einem DJ nicht passieren, denn es ist eine perfekte Kontaktbörse über drei Monate.

mr. uniQue: Und wie kam es dann nach zwei Jahren dazu, dass ihr dann ins Space gewechselt seid? Wolltet ihr einfach nur die Location wechseln, oder gab es dafür andere Gründe?

Mikio: Gute Frage, ich glaube, das hatte a) damit zu tun, dass wir damals auch das Angebot von „In Bed with Space“ bekommen hatten, dort als Resident zu spielen und b) hatte sich auch einiges im Privilege geändert zu der Zeit.

Rafael: Das Angebot kam zeitgleich mit der Umstrukturierung im Privilege. Es hatte eigentlich auch zeitlich gut gepasst.

mr. uniQue: Kommen wir auf eure Videos zu sprechen. Wer kam bei „Upside Down“ auf die inhaltliche Idee und wann die Videos bei YouTube gepostet werden? Schaut ihr euch auch die Bewertungen und Kommentare an, oder sind diese euch relativ egal?

Mikio: „Upside Down“ war halt so eine Sache. Wir beide sind große Fans von dem Film „Hang Over“ und da haben wir uns gedacht: „Lass uns mal was Ähnliches versuchen“ und haben so eine kleine Geschichte zusammengestrickt. Wir hätten halt auch gerne etwas mehr gemacht, das ist aber immer auch eine Budgetsache. Wir wollten es halt visualisieren und zum Titel was Lustiges machen. Und das ist ja dann auch ein Promoeffekt, wenn es bei YouTube geklickt wird. Mein Kommentar zu den Comments ist einfach: „Any PR is good PR“.

mr. uniQue: Ihr seid ja auch mit Plastik Funk schon überall auf der Welt unterwegs gewesen. Wo hat es euch am besten gefallen und welche Klubs könnt ihr empfehlen?

Rafael: Es gibt so ein paar Dinger, die wir beide einfach nicht vergessen können und da merkt man halt schon, dass war etwas Besonderes. Auf Platz drei ist auf jeden Fall das M2 in Seoul, Südkorea, was der absolute Wahnsinn war, auf Platz zwei ist das Ruby Skye in San Francisco, Megaladen, und auf Platz eins das Space auf Ibiza, was momentan samstags unser Zuhause ist. Das ist die absolute Bombe, was da samstags abgeht bei der Republic. Es ist unglaublich.

mr. uniQue: Siehst du das genauso, Mikio, oder hast du andere Favoriten?

Mikio: Ja, schwierig. In Brasilien gab es auch schon das eine oder andere nette Ding, wo ich Silvester am Beach Club gespielt habe zum Beispiel. Es ist wirklich sehr, sehr schwierig.

Rafael: Oder das Sankeys in Manchester. Es sind dann auch echt so Klubs, die in der Top 100 sehr weit oben sind. Aber genauso auch unsere Partys in der Nachtresidenz. Wir fühlen uns da wie zu Hause. Aber der Laden ist auch wirklich einer der schönsten, die wir kennen. Also, es ist ein wunderschöner Klub, mit einem Superteam. Macht einfach nur Spaß. Ich könnte mir keinen besseren Klub in Düsseldorf vorstellen. Das ist auf jeden Fall unsere Homebase und wird es auch bleiben erstmal.

mr. uniQue: Könnt ihr euch denn auch an besondere Erlebnisse auf euren Reisen erinnern, die euch nicht mehr aus dem Kopf gehen, oder wo ihr zum Beispiel Angst gehabt habt, dass euer letztes Stündlein geschlagen hat?

Mikio: Das hatten wir schon öfter (lacht), zumindest immer wieder bei einem Inlandsflug in Russland. Ich bin wirklich sehr flugfest, aber einmal habe ich wirklich gedacht: „Oh, das war es jetzt.“ Da sind wir nach Las Vegas geflogen. Das war auch wieder eine Aktion. Freitags in Zürich gespielt und samstags sollten wir in Las Vegas spielen, Flug unterwegs verpasst und dann letzte Maschine noch bekommen. Also totales Chaos. Dann Landeanflug auf Vegas und Orkanwarnung. Wir waren der letzte Flug, der noch gelandet ist. Nach uns haben die dann den Flughafen geschlossen. Wir saßen ganz hinten auch noch, also Roller coaster letzte Reihe und ich guck‘ aus meinem Fenster und denke: „Verdammt, wieso sehe ich die Lichter auf der Landebahn, den Mittelstreifen, wenn ich aus meinem Fenster hinten rausgucke?“ Die Maschine hing schräg zur Landebahn in der Luft. Und ich habe das aus dem Fenster gesehen, was eigentlich der Pilot vorne sehen müsste, wenn er gerade rausschaut. Da habe ich nur gedacht: „Irgendwas stimmt doch hier gerade nicht“, und dementsprechend war die Landung auch echt hart.

Rafael: Der Pilot hat es wirklich gut gemacht. Die amerikanischen Piloten gehören mit zu den besten Piloten der Welt und das hat man da auch gemerkt. Das war eine unheimlich kritische Landung.

mr. uniQue: Habt ihr eventuell sonst noch ein Erlebnis gehabt, was vielleicht lustig gewesen ist?

Rafael: Ich weiß noch, dass wir mal am DJ-Pult beide auf einer Afterhour eingeschlafen sind. (alle lachen)

Mikio: Auch an dieser Stelle einen lieben Gruß an Stefan Hollenberg.

Rafael: Weil wir erst im Gallery Club gespielt haben und danach noch auf einer Afterhour in unserer komischen, dreckigen Mühle, wo noch so hundert Wahnsinnige gefeiert haben. Und wo wir uns immer abgewechselt haben beim Auflegen und wir beide aber so müde waren, weil wir am Abend vorher schon woanders gespielt hatten. Dann hat sich der eine abwechselnd hingesetzt, um sich ein wenig auszuruhen und immer ein wenig die Augen zugemacht und ich weiß noch, dass ich irgendwann die Platte gespielt und mich auch hingesetzt habe und mir auch die Augen zufielen. Aber Mikio war da schon längst eingepennt. Irgendwann war dann auch die Musik aus. (alle lachen) Dann hat man nur überall große Augen übers DJ-Pult gucken gesehen und wir haben uns dann beeilt, schnell wieder eine andere Platte aufzulegen.

mr. uniQue: Zu guter Letzt möchte ich euch auch noch im Hinblick auf unser uniQue-society-Ibiza Summer-Special 2012 anfragen, ob ich auch auf euren Support zählen kann und ihr mir mit euren Kontakten auf Ibiza weiterhelfen werdet?

Rafael: Wir haben auf jeden Fall auf Ibiza Superkontakte und da kann man immer mal helfen. Sehr gerne.

mr. uniQue: Dafür bedanke ich mich schon einmal sehr im Voraus und ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg bei euren nächsten Projekten und bedanke mich für das schöne Interview.